Forschung trifft Praxis

Die Suchthilfe Wien freut sich, über die Veröffentlichung des ersten wissenschaftlichen Artikels aus der POSUD -Studie (Personality Structure in patients with substance use Disorder) zu berichten. Der Artikel trägt den Titel:

„The role of personality functioning and childhood trauma in patients in opioid substitution treatment“
und ist im Fachjournal Frontiers in Psychiatry erschienen.

Diese Veröffentlichung ist nicht nur ein bedeutender Meilenstein für unsere Forschungsarbeit, sondern auch ein starkes Argument für ein tieferes Verständnis und eine differenzierte Betrachtung unserer Nutzer*innen.

Hier geht es zur Studie

Was ist das Besondere an der POSUD-Studie?
Die POSUD-Studie entstand in enger Zusammenarbeit zwischen der SHW und der Klinik für Psychoanalyse und Psychotherapie der Medizinischen Universität Wien – mit dem Ziel, bestehende Lücken in der Forschung zu schließen und unsere tägliche Praxis wissenschaftlich zu fundieren.
Hier ein Überblick über die zentralen Erkenntnisse:

  • Ganzheitlicher Blick statt Schubladendenken
    Die Studie untersucht, wie Persönlichkeitsorganisation und frühe Traumatisierungen mit Substanzgebrauchsstörung in Zusammenhang stehen. Sie zeigt: Die Suchterkrankung ist oft nur ein Teil eines vielschichtigen psychischen Gesamtbildes.
  • Neue Erkenntnisse zur Diagnostik
    Durch den Einsatz des strukturierten Interviews zur Persönlichkeitsorganisation (STIPO) konnte ein differenzierteres Bild der psychischen Verfassung der Klient*innen gezeichnet werden – ein Ansatz, der in der bisherigen Suchtforschung bisher wenig Anwendung fand.
  • Für soziale Teilhabe braucht es Übersetzung
    Aufgrund bestehender Erkrankungen können viele Betroffene ihre Anliegen im gesellschaftlichen Raum oft nicht allein vertreten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit professioneller Unterstützung und sozialer Übersetzungsarbeit – eine Rolle, die die SHW durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit, sowie konkrete Angebote wie MOSÖR und STW schon seit Jahren übernimmt.

 

Warum das wichtig ist – für Forschung und Praxis
Die Ergebnisse machen deutlich, wie notwendig ein interdisziplinärer, langfristiger und Beziehungsorientierter Ansatz in der Versorgung von Menschen mit komplexen psychischen Problemlagen ist. Es braucht niedrigschwellige, wohnortnahe Angebote, die auch langfristige Betreuung ermöglichen – und das oft über Jahre hinweg.
Gleichzeitig zeigen Programme wie Fix und Fertig eindrücklich, wie viel Potenzial in unseren Klient*innen steckt – auch und gerade in schwierigen Lebenslagen. Die POSUD-Studie bestärkt uns darin, weiter auf Bio-Psycho-Soziale Interventionen zu setzen.

Ausblick
Ein zweiter wissenschaftlicher Artikel ist bereits in Arbeit. Er wird sich insbesondere mit methodischen Herausforderungen selbstreflexiver Fragebögen bei der Zielgruppe beschäftigen.
Wir bedanken uns bei allen Kolleg*innen und Kooperationspartner*innen, die diese Forschungsarbeit möglich gemacht haben