Wie alles begann

Ich hatte von klein auf Schwierigkeiten, eine schöne und vor allem liebevolle Beziehung zu meiner Mutter aufzubauen. Zu meinem Vater hingegen hatte ich bis zum siebten Lebensjahr absolut keinen Kontakt, vielleicht hab ich ihn drei- bis viermal gesehen und das auch nicht unbedingt lange. Auf jeden Fall war jeder Versuch, meiner Mutter eine Umarmung, ein liebes Wort zu entlocken, komplett hoffnungslos. Also fing ich schon in der Volksschule an zu klauen, was dann in der AHS aber immer seltener wurde.

Ich hatte meine beste Freundin Michelle, mit der ich dann anfing, von daheim abzuhauen. Am Anfang blieben wir ein bis zwei Tage fort, was sich dann Woche um Woche steigerte. Aus Tagen wurden Wochen und Monate. Woher wir Geld für Nahrung hatten? Ganz einfach, meistens gingen wir in ein China-Restaurant, bestellten, aßen und aßen, bis sich dann eine nach der anderen mit verschiedenen Ausreden hinausschlich.

In der Zwischenzeit vergingen Jahre, als ich meinen damaligen Freund kennenlernte. Von Drogen hatte ich keine Ahnung und er schien – als Bodybuilder und eigentlich aus gutem Hause, eigenes Auto, immer Geld – auch nichts damit zu tun zu haben. Nach und nach lernte ich seine Freunde/Familie kennen. Damals war ich der glücklichste Mensch, bis eines Tages alle beisammen saßen und Heroin „zogen“. Mir war damals absolut nicht bewusst, was das für ein Teufelszeug ist, ich zog halt hin und wieder, was sich dann zu einem täglichen Konsum steigerte. Auf jeden Fall, nach zirka einem Jahr wurde mir bewusst, was Drogen ausrichten konnten.

Na, wie auch immer, wir konsumierten jeden Tag mehr und mehr. Bis er eines Tages aus dem Auto vor meinem Haus anrief und mir unbedingt etwas „Cooles“ zeigen wollte. Tja, ich traute meinen Augen kaum, er saß da mit einer Spritze mit einer für mich nicht definierbaren Substanz darin. Er erklärte mir, dass es Kokain sei und ich es unbedingt testen müsse. Nach einigem Zögern ließ ich mir den Schuss setzen. Doch nach einigen Monaten konnte ich es selbst, was mich innerhalb weniger Wochen so entsetzlich zurichtete, dass mich meine Mutter zu Verwandten nach Jugoslawien schickte. Die ersten zwei Wochen waren so hart, aber ich hatte sie überstanden. Nach zirka drei Monaten hatte ich das Gefühl, es überstanden zu haben, und machte mich für die Heimreise bereit.

Nach einigen Tagen war es dann soweit, ich hatte wieder zugenommen, meine Hände waren wieder schön verheilt. Die Busfahrt fing an, mir wie eine halbe Ewigkeit vorzukommen. Als wir dann Bratislava passierten, schoss es mir ein wie ein Blitz, was die Leute am Westbahnhof machen, naja, und eine Kleinigkeit für die Venen schadet mir bestimmt nicht. Als ich dann ankam, holte mich meine Mutter schon ab. Das Erste, was ich tat, als ich heim kam, war, den Hörer in die Hand zu nehmen und Freddys (meines „Freundes“) Nummer zu wählen und, was für eine Überraschung, ein wildfremdes Mädchen hob ab und erklärte mir, seine neue Freundin zu sein.

Trotz alledem blieb ich stark und nahm nichts mehr. Bis eines Tages um 8 Uhr 15 das Telefon klingelte, meine Mutter mich weckte und mir den Hörer in die Hand drückte. Ich war total überrascht, als Freddys Mama ganz leise schluchzte – „Der Freddy ist tot.“ Das war ein Schlag ins Gesicht, ich konnte es kaum glauben. Und seit diesem Tag ging es immer mehr bergab mit mir. Soviel dazu, wie ich zu den Drogen kam.

von Alexandra*, 27

*Name geändert