Ulrich hält sich derzeit in und um Bahnhöfen auf, denn dort ist er von Wind und Wetter geschützt, kann Bücher lesen. Gelesen hat er immer schon gerne und jetzt hat er Zeit dafür.
Bevor Ulrich 2015 auf der Straße gelandet ist, hat er viel gearbeitet – im Verkauf, als Handwerker und auch privat: da hat er ein Haus für seine Familie renoviert, sogar die Wasserleitungen hat er selbst verlegt. Dann kam die Scheidung, später ein schwerer Unfall. Nachdem er lange im Koma gelegen ist und viele Monate im Spital sein musste, hat ihn das “Leben ausgespuckt”, wie er selbst sagt.
Bereiste Ulrich früher mit seinem Sohn in den Ferien mit Wohnwagen (selbstverständlich auch selbst hergerichtet) Europa, so tingelt er jetzt von Bahnhof zu Bahnhof, und liest. Arbeiten kann er aufgrund seiner schweren Verletzungen nicht mehr.
Ulrich schafft es nicht, Passant*innen um Geld zu bitten, dafür ist er zu stolz und er bezeichnet sich als Einzelgänger. So hat er die Mitarbeiter*innen von sam kennengelernt. Er unterhält sich gerne mit ihnen, denn obwohl er gerne für sich ist, freut er sich auch hin und wieder über Austausch, Gespräche und Unterstützung.
Wien findet der Salzburger nicht “den schönsten Fleck auf der Welt” aber die Donauinsel mag er sehr, denn er sitzt gerne am Wasser. Winter, wie Sommer, übernachtet er trotz Vermittlungsangeboten durch die Soziale Arbeit in Parks bei Wind und Wetter.
Tagsüber liest er vor allem Krimis, Romane und Tatsachenberichte. Manchmal sprechen ihn Passant*innen an und setzen sich zu ihm, weil sie ihn interessant finden. Zum aktuellen Buch kann er noch nichts sagen, das hat er erst angefangen – eine Biografie eines Metal-Musikers aus Deutschland, die er aus dem gratis Bücherschrank hat. Metal ist auch seine Musik.